13.07.2015

"Reden sollte man auf jeden Fall" - Interview mit Reinhard Brandl zur Griechenland-Debatte

Reinhard Brandl im Interview mit dem DONAUKURIER zur Griechenland-Debatte

Herr Brandl, am Freitag müssen die Bundestagsabgeordneten aus der Sommerpause zurück, um über das Griechenland-Rettungspaket zu entscheiden. Seit wann wissen Sie denn, dass Sie Ihre Pläne für diese Woche über den Haufen werfen müssen
Reinhard Brandl: Seit zwei Stunden. Am Donnerstag treffen sich zunächst die CSU-Landesgruppe und die Unionsfraktion, am Freitagfrüh tritt dann der Bundestag zusammen.
 
Sie wollten ohnehin noch nicht in Urlaub fahren, oder?
Brandl: Nein, das nicht. Aber ich hatte natürlich Termine im Wahlkreis zugesagt, zum Beispiel am Donnerstagabend eine Podiumsdiskussion beim VdK in Neuburg. Das muss ich jetzt leider wieder absagen.
 
In der Union gibt es ja deutliche Kritik an einem möglichen dritten Griechenland-Rettungspaket. Wie schätzen Sie denn die aktuelle Stimmung bei den Abgeordneten ein?
Brandl: Zuerst einmal stimmen wir nicht über das Paket ab, sondern wir werden über ein Mandat abstimmen, das der Bundesregierung erlaubt, Detailverhandlungen über das Paket aufzunehmen. Zweitens: Griechenland hat in den vergangenen Monaten sehr viel Vertrauen verspielt. Wir haben dem Land immer signalisiert: Wir sind solidarisch in Europa. Wir sind bereit, euch zu helfen. Aber wir erwarten im Gegenzug, dass ihr strukturelle Reformen unternehmt, die das Land langfristig wettbewerbsfähiger machen. Ob dieses Angebot angenommen wird, ist eine Entscheidung, die in Griechenland getroffen werden muss.
 
Und wie sieht es nun bei Ihren Parlamentskollegen von CDU und CSU aus?
Brandl: In der Unionsfraktion gibt es einige Kollegen, die an diesem Grundprogramm – Hilfe gegen Reformen – bereits zweifeln. Diese Zweifel werden auch auf der Fraktionssitzung am Donnerstag eine Rolle spielen. Ich gehe aber davon aus, dass die breite Mehrheit dem Vorschlag der Kanzlerin folgen wird.
 
Bei der letzten Griechenland-Abstimmung im Bundestag haben ja 29 Unionsabgeordnete mit Nein gestimmt. Werden es diesmal mehr sein?
Brandl: Das ist schwer abzuschätzen, weil es ja erst mal nur um ein Verhandlungsmandat geht. Und ich finde, reden und verhandeln sollte man in Europa in jedem Fall.
 
Das heißt, Sie selbst werden am Freitag im Bundestag mit Ja stimmen?
Brandl: Normalerweise beantworte ich Fragen nach meinem Abstimmungsverhalten nicht, wenn noch gar nicht klar ist, über was wir abstimmen. Ich werde aber voraussichtlich der Linie der Bundesregierung folgen, die Verhandlungen nicht abzubrechen. Ich glaube allerdings, dass für Griechenland langfristig ein Grexit die bessere Lösung wäre. Mit einer abgewerteten eigenen Währung würde sich das Land leichter tun, wieder wettbewerbsfähig zu werden. Die Entscheidung darüber muss aber in Griechenland fallen. Wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht den Schwarzen Peter zuschieben lassen, und nicht der Eindruck entsteht, Deutschland würde Griechenland aus dem Euro drängen.
 
Viele Bürger können ja dieses Dauer-Krisenthema Griechenland einfach nicht mehr hören. Geht Ihnen das als Politiker eigentlich manchmal auch so?
Brandl: Ja (lacht). Das Griechenland-Thema kostet sehr viel Zeit und Energie, die wir in Europa besser für andere Fragen nutzen sollten. Ich denke da an die Flüchtlingsfrage. Das wäre ein Thema, um das sich Europa im Moment vorrangig kümmern sollte.
 
Die Fragen stellte
Johannes Greiner

Interview im DONAUKURIER