Plenarrede zum Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2019
Dr. Reinhard Brandl: "Das Mindeste, was wir tun können, ist, dass wir versuchen, die Rahmenbedingungen, unter denen die Soldaten ihren schwierigen Job machen, zu verbessern."
Auf Basis der Unterrichtung durch den Wehrbeauftragten hat der Verteidigungsausschuss seinen Bericht erarbeitet. Dem Bericht zufolge wurden im Jahr 2019 insgesamt 3835 Vorgänge bearbeitet, davon 2381 allein in Personalangelegenheiten. Der Bericht verweist auf eine gestiegene Sensibilität gegenüber extremistischen Tendenzen in der Bundeswehr. Einen weiteren Schwerpunkt bildet das Beschaffungswesen der Bundeswehr. Bei der Beratung im Verteidigungsausschuss haben wir als CDU/CSU-Fraktion die Stärkung der Resilienz gegen Extremismus in der Bundeswehr sowie die Steigerung der Attraktivität des Dienstes positiv hervorgehoben. Die im Bericht enthaltenen Empfehlungen sollen der Bundesregierung zur Prüfung, Erwägung und Beachtung zur Kenntnis gebracht werden. Zudem wird der Verteidigungsausschuss angewiesen bis zum 1. März 2021 über die Ergebnisse und vollzogenen Maßnahmen zu berichten.
Bundestag bestellt 38 neue Eurofighter
Der Haushaltsausschuss hat im November die Beschaffung von 38 neuen Eurofighter auf den Weg gebracht. Die Flugzeuge werden bereits mit den kürzlich beauftragten modernen Radarsystemen ausgestattet. Der Auftrag hat ein Volumen von 5.4 Mrd. Euro. Die Auslieferung soll ab 2025 über einen Zeitraum von sechs Jahren erfolgen.
Von den 38 stellen 33 eine Ersatzbeschaffung für die ersten gelieferten Tranche 1 Modelle dar, drei werden für Erprobungszwecke verwendet werden und zwei der neuen Eurofighter sind eine Nachbeschaffung für die beiden im Jahr 2019 durch einen Flugunfall zerstörten Flugzeuge der Tranche 2 vorgesehen.
Die spanische Regierung hat sich den deutschen Planungen mit dem Programm Halcon (20 Flugzeuge) angeschlossen. Die Schweiz möchte ihre Luftwaffe erneuern und steht vor einer ähnlichen Beschaffungsentscheidung. Das starke deutsche Bekenntnis zum Eurofighter ist ein deutliches Signal an diese Nationen.
Im Moment hängen in Deutschland ca. 25.000 Arbeitsplätze am Eurofighter Programm. Alleine bei Airbus in Manching sind es 3.000. Viele weitere süddeutsche Unternehmen, wie zum Beispiel Premium Aerotec, MTU, Liebherr, Hensoldt oder MBDA sind beteiligt. Mit diesem Auftrag werden die Arbeitsplätze im nächsten Jahrzehnt gesichert. Das ist wichtiger Stabilitätsanker für die gesamte deutsche Luftfahrtindustrie, die durch die Corona-Pandemie in eine schwere Krise geschlittert ist. Ich begrüße es deswegen sehr, dass es gelungen ist, die Vorlagen in Rekordzeit im Deutschen Bundestag zu beraten.
Langfristig sind insgesamt 93 neue Eurofighter für die Luftwaffe vorgesehen. Damit kann dann die Produktion in Manching bis zur geplanten Auslieferung des Zukunftssystems FCAS im Jahre 2040 ausgelastet werden. Das gibt den Standort und den Beschäftigten eine langfristige Sicherheit. Die zweite Bestellung von 40 weiteren Stück als Ersatz für den veralteten Tornado soll im Jahr 2022 erfolgen.
Plenarrede zum Bericht des 1. Untersuchungsausschusses
Dr. Reinhard Brandl: "Wir müssen die Prozesse verändern. Wir wissen, dass die Strukturen nicht zu den Aufgaben passen. Wir wissen, dass die Wege zu lang sind."
Am 4. November stellte der 1. Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht und die Beschlussempfehlung im Bundestag vor. Der Verteidigungsausschuss hatte sich am 30. Januar 2019 als Untersuchungsausschuss eingesetzt, um den Umgang mit externer Beratung und Unterstützung im Geschäftsbereich des BMVg aufzuklären. Anlass waren Berichte des Bundesrechnungshofes von 2018 über Rechts- und Regelverstöße bei der Nutzung derartiger Leistungen. Der Untersuchungsausschuss hat mehr als 4700 Akten beigezogen und in 17 Beweisaufnahmesitzungen einen Sachverständigen sowie 41 Zeugen zu den Vorgängen befragt.
Plenarrede zum Bundeswehreinsatz im Irak
Dr. Reinhard Brandl: "Wir erteilen heute ein Mandat mit Fähigkeiten insbesondere im Bereich Stabilisierung, und das im Sinne von Hilfe bei der Errichtung selbsttragender Sicherheitsstrukturen der irakischen Streitkräfte. Wir helfen konkret im Kampf gegen den IS mit Luftraumüberwachung, Luftraumbetankung und Lufttransport."
Am 29. Oktober 2020 stimmte der Deutsche Bundestag der Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Irak und Syrien zu, um die dortige Stabilisierung zu sichern, ein Wiedererstarken des IS zu verhindern und die Versöhnung in Irak und Syrien zu fördern. Infolge der Corona-Krise und einem damit verbundenen Nachlassen des Verfolgungsdrucks durch irakische und internationale Streitkräfte konnte sich der IS neu formieren und die Anschlagsintensität wieder ausweiten. Daher ist der deutsche Beitrag notwendig, um die Region, insbesondere des ehemaligen Kerngebiets des IS in Irak und Syrien, umfassend und nachhaltig zu stabilisieren. Mit dem vorliegenden Mandat wird die Möglichkeit zur Teilnahme an der NATO-Mission im Irak zum Fähigkeitsaufbau der irakischen Streit- und Sicherheitskräfte ausgeweitet. Dieser Fähigkeitsaufbau ist nicht am unmittelbaren Kampf gegen IS beteiligt und erfolgt auf Grundlage der Zustimmung der irakischen Regierung. Durch Übertragung der Bodenüberwachung an andere Allianzpartner wird die Mandatsobergrenze im Vergleich zum vorherigen Mandatszeitraum von 700 auf 500 gesenkt. Der Mandatszeitraum beträgt 15 Monate und läuft vom 1. November 2020 bis 31. Januar 2022.
Rede zum Jahresbericht des Wehrbeauftragten 2019
Dr. Reinhard Brandl: "Das Leitbild für die Soldaten ist der Staatsbürger in Uniform, der mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes steht, der die Werte und Normen verteidigt, dabei aber nicht blind irgendjemandem hinterherläuft, sondern selber mitdenkt, der den Mund aufmacht, wenn er sieht, dass etwas falsch läuft, der kritisch ist gegenüber der eigenen Truppe und auch gegenüber der Politik. - Das wollen wir."
In dieser Woche stellte die Wehrbeauftragte den Jahresbericht 2019 vor. In diesem Zusammenhang wurde im Plenum auch über die rechtsextremistischen Fälle in der Bundeswehr debattiert. Der Bericht selbst wirft aber auch einen Blick auf die materielle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr. Dahingehend stellt der Bericht fest, dass die Einsatzbereitschaft zwar weiterhin unter den Erfordernissen bleibt, sich bei manchen Waffensystemen jedoch mittlerweile Verbesserungen abzeichnen. Der Bericht sammelt die Kritik aus der Truppe und hebt etwa hervor, dass Personallücken, materielle Mangelwirtschaft und bürokratische Überorganisation vielerorts prägend für die Bundeswehr bleiben. Beispielsweise seien mehr als 20.000 Dienstposten oberhalb der Mannschaftsebene nicht besetzt. Der Bericht plädiert dafür, dass eine dezentrale, ganzheitliche Verantwortungswahrnehmung in Bataillonen, Brigaden und Geschwadern eingerichtet wird.
Rede zum Bundeswehreinsatz in Mali (EUTM)
Dr. Reinhard Brandl: "Das oberste Ziel dieses Mandates und der Mandatsveränderung ist, die Qualität der Ausbildung zu steigern und die operative Einsatzfähigkeit der Truppen, der ausgebildeten Streitkräfte zu erhöhen."
Am 29. Mai 2020 stimmte der Deutsche Bundestag der Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Militärmission der Europäischen Union als Beitrag zur Ausbildung der malischen Streitkräfte (EUTM) zu.
In den vergangenen Jahren hat die Bedeutung der Sahel-Region für die Sicherheit Europas zugenommen. Zugleich hat sich die Sicherheitslage nicht nur in Mali, sondern auch in den anderen Staaten des Sahel sukzessive verschlechtert. Der Bedarf an Stärkung staatlicher Strukturen und vor allem von Sicherheitsstrukturen in der Fläche ist gestiegen.
In diesem Zusammenhang bleiben der Schwerpunkt des deutschen Beitrags an dieser Mission weiterhin Ausbildung und Beratung der malischen Streitkräfte. Er wird aber um einige Aspekte ergänzt. So wird das Einsatzgebiet über das Staatsgebiet Malis hinaus auch auf die übrigen vier Staaten der G5-Sahel (Burkina Faso, Mauretanien, Niger, Tschad) erweitert. Die Ausbildung der malischen Streitkräfte soll zukünftig dezentraler und einsatznäher an gesicherten Orten stattfinden. Dadurch wird sich das deutsche Engagement weiter nach Zentralmali ausdehnen. Zudem wird die bilaterale Ausbildungsmission „Gazelle“ für Spezialkräfte im Niger in das EUTM Mandat eingegliedert.
Rede zum Bundeswehreinsatz in Mali (MINUSMA)
Dr. Reinhard Brandl: "Erstens: Der Einsatz dient unserer eigenen Sicherheit. Zweitens: Er hilft den Vereinten Nationen, unterstützt das Konzept der internationalen Zusammenarbeit. Drittens: Er stärkt die Rolle Europas in der Welt. Wir sollten ihn deswegen fortsetzen."
Der Deutsche Bundestag stimmte am 13. Mai 2020 der Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der Multidimensionalen Integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) zu.
Deutschland beteiligt sich seit 2013 mit einem Kontingent der Bundeswehr sowie mit Polizistinnen und Polizisten an MINUSMA. Ziel des Einsatzes der Bundeswehr ist die Stabilisierung Malis, die einen Schwerpunkt des deutschen Engagements in der Sahel-Region und ein wichtiges Ziel in der Afrikapolitik der Bundesregierung darstellt.
Die Bundeswehr unterstützt MINUSMA aktuell insbesondere durch die Bereitstellung eines Aufklärungsverbandes mit Objektschutz- und Aufklärungskräften sowie erforderlichen Einsatzunterstützungs- und IT-Kräften. Die Mandatsobergrenze verbleibt weiterhin bei 1.100 Soldaten.
Rede zur Ergänzung des Anti-IS-Einsatzes der Bundeswehr
Dr. Reinhard Brandl: Der Erfolg der Anti-IS-Koalition ist in unserem eigenen nationalen Sicherheitsinteresse. Für den Erfolg ist der Beitrag der Bundeswehr essentiell. Wir sind damit verlässlich und geben unseren Soldaten Handlungssicherheit.
Der Bundestag hat am 25. März 2020 einem Antrag der Bundesregierung mit dem Titel „Ergänzung des Einsatzes bewaffneter deutscher Streitkräfte – Stabilisierung sichern, Wiedererstarken des IS verhindern, Versöhnung fördern in Irak und Syrien“ (19/17790) stattgegeben.
Für den Einsatz stimmten CDU/CSU, SPD und FDP gegen die Stimmen von AfD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Der Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/18147) sowie ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit ( !19/18150) vor.
Ein Entschließungsantrag der Linksfraktion (19/18169) wurde mit der Mehrheit von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen gegen die Stimmen der Linken bei Enthaltung der AfD zurückgewiesen. Darin hatten die Abgeordneten gefordert, den Einsatz unverzüglich zu beenden und die Bundeswehr sofort abzuziehen.
Bundeswehr soll Luftbetankung fortsetzen
Der Antrag sieht vor, dass die Bundeswehr die Luftbetankung bei dem Einsatz über den 31. März hinaus fortsetzt. Außerdem soll der Lufttransport für die internationale, gegen die Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gerichtete Anti-IS-Koalition, internationale Organisationen, Alliierte und Partner und die bodengebundene Luftüberwachung fortgesetzt werden. Beendet werden soll hingegen die deutsche luftgestützte Aufklärung.
Rede zu Deutschlands Beitrag zur Sicherheit im Mittelmeer - SEA GUARDIAN
Dr. Reinhard Brandl: Sea Guardian liefert einen Beitrag zur Erstellung des Lagebildes, und zwar in einer sehr effizienten Weise. Damit leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit im Mittelmeer.
Der Bundestag hat am 13. März 2020 in namentlicher Abstimmung die weitere Beteiligung der Bundeswehr an der Nato-geführten Maritimen Sicherheitsoperation „Sea Guardian“ im Mittelmeer gebilligt. Dazu lag die Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/17814) zum Antrag der Bundesregierung (19/17286) zur Fortsetzung des noch bis Ende März laufenden Mandats um längstens ein Jahr bis Ende März 2021 vor. 360 Abgeordnete stimmten für die Mandatsverlängerung, 176 lehnten sie ab, zwei Abgeordnete enthielten sich.
Mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt wurde ein Antrag der AfD-Fraktion (19/17529), der auf die Beendigung der deutschen Beteiligung an der Nato-Mission abzielte.
Antrag der Bundesregierung
Auch künftig können bis zu 650 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden, um „auf und über See“ Lagebilder zu erstellen und den Seeraum zu überwachen. Der Einsatz leistet aus Sicht der Bundesregierung einen Beitrag zum maritimen Kampf gegen Terrorismus und zur Beschränkung des Waffenschmuggels. Das Einsatzgebiet umfasst das Mittelmeer, die Straße von Gibraltar und ihre Zugänge und den darüber liegenden Luftraum.
Die Kosten der Mandatsverlängerung gibt die Bundesregierung mit rund 3,2 Millionen Euro an, von denen 2,4 Millionen Euro auf das Haushaltsjahr 2020 und 800.000 Euro auf das Haushaltsjahr 2021 entfallen.
Rede zur Verlängerung der Friedensmission UNAMID in der Region Darfur
Dr. Reinhard Brandl: Die Frage, ob es im Sudan tatsächlich zu einem demokrtischen Systemwechsel kommt, wird auch davon abhängen, ob es gelingt, die Region Darfur zu befrieden und mit den Rebellen dort zu einer Übereinkunft zu kommen.
Die Bundeswehr wird sich weiterhin an der UNAMID-Friedensmission in der westsudanesischen Region Darfur beteiligen, den Personaleinsatz aber reduzieren. Der Bundestag hat am 12. März 2020 nach abschließender Beratung über einen entsprechenden Antrag der Bundesregierung zur Fortsetzung der Bundeswehrbeteiligung an dem Einsatz der Afrikanischen Union und der Vereinten Nationen in der westsudanesischen Provinz Darfur („Unamid“) bis zum Jahresende 2020 (Drs. 19/17033) abgestimmt.
Mit großer Mehrheit stimmte der Bundestag durch Handzeichen für den Antrag, die Fraktion Die Linke votierte bei einer Enthaltung aus der AfD-Fraktion dagegen. Zur Abstimmung lagen eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (Drs. 19/17636) und ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit (Drs. 19/17591) vor.
Der Bundestag verzichtete auf die bei Mandatsverlängerungen übliche namentliche Abstimmung, um einer Corona-Ansteckungsgefahr an den Wahlurnen vorzubeugen.
Hintergrundinformation:
Wie aus einem Antrag der Bundesregierung hervorgeht, können „im Einklang mit den bisher durchgeführten Truppenreduzierungen“ nunmehr noch bis zu 20 statt wie bisher bis zu 50 Soldatinnen und Soldaten eingesetzt werden, die weiterhin „Verbindungs-, Beratungs- und Unterstützungsaufgaben“ übernehmen und bei der technischen Ausrüstung und Ausbildung truppenstellender Nationen helfen sollen.Der Einsatz im Sudan erfolge auf Grundlage der Resolution 1769 (2007) und folgender Resolutionen des UN-Sicherheitsrates. Das Mandat ist bis Ende Dezember 2020 befristet. Die Regierung beziffert die Zusatzausgaben für die neunmonatige Mandatsverlängerung auf rund 200.000 Euro.
